Heute gibt es einen Gastbeitrag von Fjonka, die in ihrem Blog regelmäßig von Ihrer Haus- und Hofgemeinschaft in Schleswig-Holstein berichtet. Wir teilen mindestens das Interesse an Bienen und Geflüchteten und tauschen auch schon mal interessante Bücher aus. Das Buch von Seeley hatte ich bereits vorgestellt und mir vorgenommen, mal daraus zu zitieren - Fjonka war schneller! Hier ihr Beitrag über die Wohnungssuche von Bienenschwärmen, den ich netterweise veröffentlichen darf:
"Wenn ein Bienenvolk sich selbst einen Ort zum leben aussuchen könnte, dann würde der so aussehen:
- Eine Höhle läge mit der Flugöffnung gen Süden
- hätte ein Volumen von 12-80 Litern (optimal: 40 Liter)
- das Flugloch hätte etwa 3cm Durchmesser und befände sich etwa 5cm über dem Boden der Höhle.
Dies sind die wirklich wichtigen Kriterien, hat Herr Seeley, von dessen Forschungen ich Euch ja vor kurzem erst berichtet hatte, in langen, schwierigen Experimenten auf einer kleinen Insel herausgefunden, auf der es einerseits keine konkurrierenden Bienen zu seinen künstlichen Schwärmen gab und andererseits ausschließlich von ihm bereitgestellte Nistplätze, die er beliebig variieren konnte. Zusätzlich zu diesen Kriterien würden die Bienen es noch schön finden, wäre ihre Höhle aus Holz und läge sie in über 2,5 Metern Höhe – aber Biens entscheiden sich lieber zB für eine niedrig liegende Höhle, die die richtige Größe und Ausrichtung hat als für eine hochliegende, die zu groß ist.
Wohnungssuche mit Zollstock?
Wie aber finden die Bienen heraus, wie groß eine Höhle ist? Ich berichtete ja schon, daß alte, erfahrene Sammlerinnen beginnen, nach potentiellen Nistplätzen zu suchen, sobald sie dadurch, daß der gesammelte Nektar ihnen von den Stockbienen mangels Platz im Nest nicht mehr abgenommen wird, signalisiert bekommen: es wird Zeit, zu schwärmen. Hat so eine Biene eine Höhlung gefunden, dann geht und fliegt sie die Innenmaße ab (gucken kann sie ja nicht, es ist dunkel in so einem Baum *g*). Was ideal ist, das ist laut Seeley genetisch bestimmt und deshalb nicht Geschmackssache der jeweiligen Späherin. Seeley hat das Verhalten in der Höhle beobachten können (und aufgezeichnet), weil er die Kästen, die er anbot, so gebaut hat, daß das möglich war.
Wenn die Biene meint, diese Höhle sei gut geeignet als Nistplatz, dann tanzt sie daheim den Platz, umso länger, je besser sie ihn findet, und animiert damit Andere, auch „gucken zu gehen“. Auch die kommen heim und tanzen umso länger, je besser der Ort ist. Seeley hat zeigen können, daß mehrere Nistplätze miteinander konkurrieren, und daß es mehrere Tage(!) dauern kann, bis eine Einigung gefunden wurde. Diese Einigung findet nicht über einen Konsens statt, sondern über ein Quorum: wenn eine bestimmtes Maß an Zustimmung für einen bestimmten Ort da ist, wird der genommen, nicht erst, wenn Alle überzeugt sind.
Forscher mit Fantasie
Um das herauszufinden, hat Seeley auch fiese Sachen gemacht wie einen guten Kasten, für den es schon recht viel Zustimmung gab, verschlechtert, indem er zB verschiebbare Wände so verändert hat, daß der vorher tolle Kasten plötzlich zu klein war – und siehe da: schnell verschob sich die Zustimmung beim Tanz. Spannend!
Insgesamt kennen allerdings, bevor der Schwarm loszieht, nur etwa 400 Bienen, 3-4% des Schwarms, den Zielort. Die flitzen, auch das hat Seeley nachgewiesen, am oberen Rand des Schwarmes auf geradem Weg hin und her Richtung Zielort und weisen so den anderen den Weg.
Faszinierend, das!
Rein praktisch ist für mich die ideale Größe und Beschaffenheit des Nistplatzes am interessantesten: 40 Liter Volumen, das ist eine Größe von z.B. 37 x 37 x 35 Zentimetern. Unsere Dadant-Beute mißt ca. 48 x 48 x 28 Zentimeter (der Brutraum), liegt damit also noch im „guten Maß“, ist aber als Idealbeute etwas zu groß. Andererseits verhungern in der Natur deutlich mehr Bienenvölker und sie schwärmen viel schneller, als ein Imker das wollen würde. Deshalb die größeren Beutenmaße."
Hier noch der Titel des zitierten Buches:
Thomas D. Seeley
Bienendemokratie - Wie Bienen kollektiv entscheiden und was wir davon lernen können
S. Fischer Verlag
Taschenbuch: 12,99 €
Hardcover: 22,99 €