Was aus Wachs werden kann

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Bienen „schwitzen“ Wachs aus, das sie zu perfekten Sechseckwaben formen. Wir können daraus Mittelwände, Kerzen, Salben, Leder- und Autopflegemittel herstellen.

Was machen Bienen und Imker im Winter? Die einen halten Ruhe um die kalte Jahreszeit zu überstehen und die Imker besuchen beispielsweise einen Lehrgang zur Wachsverarbeitung.

Schon nach dem Einfangen unseres Bienenschwarms staunten wir über den Bautrieb der Bienen. Noch in der Schwarmkiste hatte das Volk über Nacht zwei handtellergroße, strahlend weiße Waben gebaut. Doch wie produzieren die Bienen das Wachs? Und was machen Imker daraus? Um diese Fragen ging es beim Seminar „Bienenwachs Gewinnung und Verarbeitung“ des Instituts für Bienenkunde der Landwirtschaftskammer in Münster.

Knapp 20 Teilnehmer und Teilnehmerinnen vom Neuling bis zum Kenner mit 16 Jahren Imkererfahrung interessierten sich für das Thema. Referatsleiter Dr. Werner Mühlen beschrieb zunächst die Zusammensetzung des Wachses aus über 300 Bestandteilen – einzigartig und nicht zu kopieren: „Das Wachs ist ein Stoffwechselprodukt, das aus den Wachsdrüsen am Bauch der Biene ausgeschieden wird. Diese Drüsen sind nur im Lebensabschnitt als Baubiene zwischen dem 12. und 18. Lebenstag aktiv.“ Dann scheidet die Biene flüssiges Wachssekret aus, das an der Luft zu kleinen weißen Wachsplättchen erstarrt. Erst durch Zufügen von eiweißhaltigem Speichel wird es formbar und erhält seine goldene Farbe.

Bienen müssen ihren Bautrieb ausleben können, deshalb sollten Imker immer genügend Platz anbieten, auch wenn es Honig kostet. Man sagt, dass Bienen für die Produktion von 1 kg Wachs etwa 3 kg Zucker verbrauchen. Ein Bienenvolk produziert durch den Ausbau von Mittelwänden und Baurahmen sowie Entdecklungswachs rund 930 g Wachs pro Jahr.

Offener Wachskreislauf

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Der Vergleich einer frischen und einer mehrjährig gebrauchten Wabe zeigt eindrucksvoll den Unterschied der Verschmutzung.

Leider konserviert Bienenwachs Rückstände von Pflanzenschutzmitteln und Varroaziden. Bei der regelmäßigen Umarbeitung des Wachses zu Mittelwänden werden diese nicht abgebaut, sondern reichern sich mit der Zeit sogar an. Bienen bauen die Wände zu Waben aus, die wiederum zu Mittelwänden verarbeitet werden. Wichtig ist, diesen geschlossenen Wachskreislauf zu durchbrechen, um die Schadstoffbelastung zu senken. „Entnehmen Sie deshalb 20 bis 30 Prozent des Wachses und verarbeiten Sie es zu Kerzen“, riet Mühlen. Innerhalb von zwei bis drei Jahren sollten alle Waben erneuert sein, dazu eigenes Wachs oder als rückstandfrei gekennzeichnetes Wachs verwenden. Als positive Nebeneffekte des Offenen Wachskreislaufs zählte der Fachmann die Gesundheitsvorsorge für das Volk, die Erhöhung von Honigleistung und Qualität und die schwarmtrieblenkende Wirkung auf. Übrigens werden die Waben im mehrjährigen Gebrauch durch die Schmutzansammlungen immer enger. Und da der Wabendurchmesser auch die Größe der daraus schlüpfenden Biene bestimmt, werden diese auch immer kleiner.

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Wachs- und Raumtemperatur sowie Arbeitsweise müssen stimmen, wenn heißes Wachs in Gussform für Mittelwände gegeben wird.

Für den Praxisteil zu den Themen Wachsschmelzen, Gießen von Mittelwänden und Herstellung von Bienenwachskerzen ging es in die herrlich nach Wachs duftende Imkerei. Imkermeister Harald Kretzschmar warnte die Teilnehmer zunächst vor Verbrennungen durch und Selbstentzündung von Wachs. Dann demonstrierte er den Einsatz eines Dampfwachsschmelzers, der wie ein großer Entsafter arbeitet und ganze Waben schmilzt. Das selbstgebaute Modell besteht aus zwei Zargen, Eimer, einem Trichter und Absperrgitter, Fliegengaze und einem Deckel. Ein Dampfboy aus dem Baumarkt (ca. 40 €) sorgt für die nötige Hitze. Das gewonnene Wachs wird durch Klären mit Wasser und Filtern gereinigt. Während des Abkühlens sinken Verunreinigungen auf den Boden des Eimers, die später vom festen Wachsblock abgekratzt werden.

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Mit Hilfe einer Schablone und eines Cuttermesser wird aus dieser Platte eine Mittelwand zugeschnitten.

Wie wichtig die richtige Verarbeitungstemperatur ist, bemerkten einige Teilnehmer beim Gießen von Mittelwänden. Das Wachs war weniger als 72 °C heiß. Da konnte die Gussform noch so sorgfältig gefüllt werden – beim Auslösen der Wände brachen sie. Der Kauf einer Mittelwandgussform schlägt mit 400 bis 600 € zu Buche. Die Investition lohnt sich dann, wenn man seine Mittelwände konsequent selbst herstellt oder sich mit Imkern zusammenschließt.

Einen Rat gab Harald Kretzschmar den Teilnehmern abschließend auf den Weg: „Verkauft Euren Honig und Eure Kerzen nicht zu billig, denn das schadet den hauptberuflichen Imkern, die davon leben müssen.“

Kerzen aus Bienenwachs

Für die Kerzenherstellung ist selbstgewonnenes Wachs meist nicht sauber genug, was eine dunklere Farbe und knisternden Brand hervorruft. Das Institut für Bienenkunde greift deshalb auf zugekaufte Wachspastillen zurück. Eine Bienenwachskerze sollte man niemals ausblasen, sondern den Docht ins flüssige Wachs tauchen und wieder aufrichten. Bei Bedarf kürzt man den Docht auf 10 bis 15 mm – ist der Docht zu lang, rußt die Kerze, ist er zu kurz, brennt die Kerze mit zu kleiner Flamme.

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Die Silikonformen für den Kerzenguss werden mit Gummiringen zusammen gehalten und mit Dochten bestückt.
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Innerhalb weniger Stunden ist das Wachs fest und die Kerzen werden aus der Form gelöst.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dieser Artikel ist unter dem Titel "Familie Sommer und die Bienen", Teil 5, in Folge 47/13 des Landwirtschaftlichen Wochenblattes Westfalen-Lippe erschienen.

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